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COMPOSE & COLLAPSE
Graphitzeichnung auf Wand
2009
ca. 600 x 350 x 30 cm

Installation Bündner Kunstmuseum, Chur

Katalogtext zur Ausstellung im Bündner Kunstmuseum vom 11. April bis 7. Juni 2009

VERMESSEN − STRATEFIEN ZUR ERFASSUNG VON RAUM

Die grosse Wandzeichnung von Lydia Wilhelm (*1975 in Disentis/Mustér, lebt in Kriens) entlang den architektonischen Gegebenheiten des Ausstellungsraums wird erst kurz vor Eröffnung entstehen und doch lassen Wilhelms bisherige Arbeiten Rückschlüsse auf deren Inhaltlichkeit zu. Die Auseinandersetzung mit Stadt- und Landschaftsformationen ist im Schaffen der Künstlerin allgegenwärtig. Bei ihrer Fotoserie Rotten Moments (seit 2007) zersetzen natürliche Kräfte die Negative und löschen die abgebildete Landschaft allmählich aus. Es entstehen Kartografien aus sich immer weiter ausbreitenden weissen Flecken, die der klassischen Eliminierung von Leerstellen durch den Landvermesser diametral entgegenlaufen. In den Koordinatenzeichnungen geht Wilhelm hingegen von einem präzis bestimmbaren, mit Google Earth eruierten Ort aus und interpretiert diese Aufsichten in kleinformatigen Zeichnungen, die in eigenartiger Schwebe zwischen Wiedererkennen und Unlesbarkeit bleiben. Die im Titel bis auf die Sekunde genau angegebenen Position macht eine Überprüfung ebenso möglich wie überflüssig. Noch einen Schritt weiter geht die Künstlerin in der Bodenarbeit Landschaft (2008). Sie setzt Google Earth-Fragmente von Berglandschaften frei zusammen und lässt eine neue Welt entstehen, die das Allmachtsversprechen unseren Informationszeitalters aufgreift - der ständig verfügbare, universelle Zugriff auf Städte, Strassen, Bauten, Berge und mittlerweile sogar auf die Tiefen der Meere. Mit dem verwendeten Graphitpulver, das auch in der neuen Wandinstallation zu Einsatz kommt, erzählt Wilhelm zugleich eine andere Geschichte. Denn die Massivität von Gebirgen und Gebäuden ist in flüchtigem Staub wiedergegeben, der bei geringster Manipulation verwischt und nach der Ausstellung ganz verschwindet.

KATHARINA AMMANN, KONSERVATORIN BÜNDNER KUNSTMUSEUM CHUR